Künstlich angelegte Baumhöhlen für den Artenschutz

Im Zuge eines Auftrags zur Befestigung von Nisthilfen und zur Sicherung von Altholzbeständen, hatten wir auch die Möglichkeit, Baumhöhlen als Fledermaus-Quartiere anzulegen. Die von uns angewendete Methode ist in ihrer Ausführung unkonventionell und setzte darauf, eine natürliche Baumhöhle so gut wie möglich nachzuahmen. Denn diese zeichnen sich nicht nur durch eine einzigartige Thermostabilität und konstante Luftfeuchtigkeit aus, sondern sie sind auch von einer Vielzahl von Organismen im Jahresverlauf nutzbar. Nicht zuletzt bedürfen künstlich angelegte Baumhöhlen keiner Wartung, denn sie sollen im Laufe der Zeit zu echten Baumhöhlen werden.

Das Bild zeigt in der Bildmitte eine künstlich angelegte Spechthöhle.

Natürliche Baumhöhlen als Vorbild

Baumhöhlen bilden für mehrere Tiergruppen einen wertvollen Lebensraum. Sie werden von Spechten angelegt oder entstehen als Fäulnishöhlen nach Astabbrüchen oder anderen Verwundungen des Holzkörpers. Durch holzabbauende Pilze vergrößern sich Baumhöhlen mit der Zeit. Stämme können komplett aushöhlen und es können auf diese Weise große Hohlräume entstehen. Der Boden solcher Baumhöhlen kann sich mit der Zeit mit abgestorbenem, sich zersetzendem Holz- bzw. Pflanzenmaterial füllen. Es entsteht eine Mulmhöhle. Mulm hat eine erdähnliche Konsistenz und bietet einigen spezialisierten Käferarten Lebens- und Brutstätte.

Am Boden dieser großen, natürlichen Baumhöhle hat sich eine dicke Mulmschicht gebildet. Hier leben z.B. die Larven des Eremiten (Osmoderma eremita). Diese spezialisierte Käferart steht auf der Roten Liste – große Mulmhöhlen in Uraltbäumen sind mittlerweile eine Rarität. Die Kelle im Bild wurde zur Beprobung dieses wertvollen Lebensraum verwendet.
Larve, Puppe und Imago des Erermiten. Mulmhöhlen, die vom sog. Juchtenkäfer bewohnt werden haben einen charakteristischen Geruch nach Juchtenleder. Ihre großen Kotpellets geben Hinweise auf die Nutzung einer Mulmhöhle durch die Art.

Spechte legen Baumhöhlen oft in bereits geschwächten Bäumen an. Ab einem Stammdurchmesser von etwa 30 Zentimetern bieten Baumhöhlen eine gute thermische Isolierung und können z.B. Fledermäusen auch als Überwinterungsquartier dienen. Bis eine Baumhöhle solche Qualitäten aufweist, braucht es aber viele Jahre. Z.B. muss eine Spechthöhle erst auch nach oben hin ausfaulen, um Hangplätze bieten zu können, welche Fledermäuse brauchen.

Wir haben unserem Auftrag entsprechend Höhlen angelegt, welche sofort für Fledermausarten nutzbar sind, denn die von uns initiierten Höhlen haben einen Hohlraum über dem Einflugloch und eine Kuhle am Boden. Des Weiteren können diese Höhlen auch von Insekten, Vögeln und Säugetieren genutzt werden.

Wie die von uns angelegten Höhlen tatsächlich angenommen werden, soll ein Monitoring ermitteln. Ebenso wird eine baumstatische Untersuchungsreihe die Bruchsicherheit des Stamms überwachend begleiten.

Die von uns angewendete Methode schädigt und schwächt den Baum – jedoch nicht wesentlich mehr als die Anlage einer Spechthöhle. Wir sind davon überzeugt, dass die hier vorgestellte Methode insgesamt mehr Vorteile (stabiles Mikroklima, von vielen Organismen nutzbar, keine Wartung notwendig, langlebig und als Lebensraum über die Zeit immer wertvoller) als Nachteile (Verletzung für den Baum, aufwendig) bietet und neue Wege im Artenschutz aufzeigen wird.

Selbstverständlich ersetzt das Anlegen künstlicher Höhlen nicht den Schutz alter Bäume oder die Förderung von Altholzbeständen in unseren Wäldern.

Interessante Literatur zum Thema:

J. Großmann, N. Schoof, P. Pyttel: Potenziale und Wirkung künstlich angelegter Baummikrohabitate; NuL 2024; S. 236-249

Vikki Bengtsson, Jonas Hedin, Mats Niklasson: Veteranisation of oak – managing trees to speed up habitat production; Trees beyond the wood conference proceedings, September 2012