SIM-Gruppe: Treffen 2019 in Hannover

Das jährliche Treffen der SIM-Gruppe fand 2019 in Hannover statt. Carsten Venzke lud die Baum-Sachverständigen, die aus Italien, Polen, Österreich, der Schweiz und Deutschland anreisten, ein, um sich auszutauschen und interessante Bäume rund um Hannover zu betrachten.

Neben lehrreichen Vorträgen gab es also auch herausragend tolle Bäume zu sehen, was für mich persönlich immer einen der Höhepunkte darstellt. Diesmal schauten wir uns alte Eichen in der Region an, darunter eine ca. 350-jährige Stieleiche, in die in den letzten sechs Jahren 2x der Blitz einschlug und sie jedes mal lichterloh brannte, so dass sie von der Feuerwehr gelöscht und gesichert werden musste. Sie steht heute noch und ist äußerst vital (siehe nachfolgende Bilder).

Ein eher fragwürdiges Verkehrssicherungs-Konzept einer fast 300-jährigen Lindenallee beim Welfen-Mausoleum in Hannover löste geschlossen Kopfschütteln aus. Hier wurde „mit Atombomben auf Spatzen“ geschossen, wie Lothar Wessolly treffend feststellte. Die als Kopf-Linden (spezieller Formschnitt) gezogenen Bäume haben erstaunlich geringe Stammdurchmesser (ca. 50 – 80cm in 1m Höhe). Man würde die Linden auf den ersten Blick nicht als 300-jährig schätzen. Aufgrund vieler Höhlungen in den Stammköpfen musste ein Verkehrssicherungskonzept erstellt werden. Da in vielen Bäumen Mulmhöhlen mit Osmoderma-Larven gefunden wurden (siehe Bericht von 2018), durften die Linden aus Artenschutz-Gründen nicht gefällt und ersetzt werden. Osmoderma eremita ist ein europarechtlich streng geschützter Totholz-Käfer und ist unter dem deutschen Namen „Eremit“ bekannt. Diese Art hat schon so manche Baumfällung verhindert – u.a. bei Stuttgart21. Die alten Linden wurden darauf hin alle auf ca. 4m Stammhöhe gekappt. Die Mulmhöhlen wurden samt Larven ausgeleert und in die hohlen Stämme verfüllt. Die nun gekappten Linden wurden zusätzlich nochmals gesichert: es wurden Fundamente gegraben und die Stämme an Metall-Pfosten gebunden und die Stämme untereinander nochmals mit 8-Tonnen-Kronensicherungsseil verspannt. Eine 100-Tausend-prozentig sichere Sache – also weit übers Ziel hinaus geschossen. Allein das Material für die Baumsicherung hat nach Auskunft der Parkverwaltung 350tsd Euro gekostet! Hätte man einen Baumstatiker hier um Rat gebeten, hätte man nicht nur ein nachhaltigeres Schutz-Konzept für den Eremiten finden sondern auch noch sehr viel Geld sparen können!

Vielen Dank, Carsten, für Deine Mühe und die gelungene Veranstaltung!